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       Maria Juliana Hambach. Geboren 1718.

Generation III

 

 

 

Sie nennen mich Maria. Geboren bin ich wohl im Jahr 1718..

Mein Vater, der Kilian Hambach, gibt mein Alter von Mal zu Mal anders an. Er und meine Mutter Magdalena Margarethe wurden schon oft registriert, so erzählen sie. Erstmals im fernen Ulm, das sie ihre alte Heimat nennen. In Wien, als sie Vieh und Hausrat erhielten. Dann am Donauknie, wo die Reise auf dem Fluss endete.

Sie kamen durch einige Dörfer. Und letztendlich blieben sie hier in Tscholnok, das nun unsere Heimat geworden ist.

Was mein Alter angeht sagt meine Mutter Magdalena, sie werde wohl wissen, wann sie ihre Kinder geboren hat. Und ich bin im Jahr 1718 zur Welt gekommen. Als die Pest endlich besiegt war.

Alles, was sie sich erarbeitet haben, wird mein Bruder Peter erben. Der einzige Sohn, der ihnen geblieben ist.

Meine Schwester Christina heiratet, als ich 11 Jahre alt bin.

Meine Schwester Margarethe kommt im gleichen Jahr zur Welt wie Christinas Töchterchen. Doch sie stirbt noch im Jahr ihrer Geburt. So bekommt Christinas Kind den Namen Margarethe.

Meine Mutter hat mir von den Muselmanen erzählt, die nahe der Donau die Dörfer überfielen. Und dass sie aus Furcht vor ihnen nicht im fruchtbaren Tal des Flusses bleiben wollten.

Im Jahr 1738, als ich in Dorog im Dienst bin, hält der Bernhard Schäfer um meine Hand an. Im selben Jahr fallen die Türken erneut ein und brennen die Siedlungen an der Donau nieder.

Aber die kaiserlichen Truppen schlagen sie vernichtend.

Die Kaiserin Maria Theresia und der junge Thronfolger Joseph II verkünden neue Zeiten. Nicht nur die Katholiken sollen die Dörfer besiedeln. Auch Juden und Protestanten sollen herkommen und ihre Religion frei ausüben dürfen. Nun, wenn sie das glauben wollen. Ich glaube es nicht. Das war noch nie der Fall, dass in einem Land die Religionsfreiheit herrscht. Aber sei es drum. Die vielen Völker, die das Ungarenland ausmacht, sollen alle ihre Traditionen bewahren dürfen. Und zur gleichen Zeit sollen sie die ungarische Sprache sprechen, und sich als ein Volk fühlen.

 

Im Jahr meiner Hochzeit, 1739 kommt das erste meiner dreizehn Kinder zur Welt. Johannes Andreas. Er überlebt seinen ersten Winter nicht. Die Ernten sind zwar nicht schlecht, doch die Steuern und die Frondienste werden mehr und mehr. Da bleibt dann nicht mehr reichlich übrig, um den Winter über genug zu haben.

Von meinen Kindern Maria, Philip, Clara, Magdalena, Johannes Adam und der zweite Johannes Adam wird keines älter als zwei Jahre.

Als dann mein Mann Bernhard im Frühjahr 1750 unter das Ochsengespann gerät und am Wundbrand stirbt, vermähle ich mich zur Erntezeit mit dem Josef Quintz. In der Hoffnung, dass er ein besserer Bauer und Ehemann ist, als der Bernhard. Über die Toten soll man nichts Schlechtes sagen. Aber viel Gutes fällt mir zum Bernhard nicht ein.

Der Josef ist in meinem Alter und wird mir helfen, die Ernte einzubringen und die Felder zu behalten. Denn wie soll ein Weib alleine das vermögen?

Mein erstes Kind mit dem Josef, geboren im Jahr 1751,  nennen wir wieder Adam. Doch auch der kleine Adam stirbt in der Woche seiner Taufe. Ich musste aufs Feld, und als ich nach Hause kam, lag er schon tot in seinem Körbchen.

Das nächste Kind, wieder ein Junge, nennen wir wieder Adam. Der vierte, der diesen Namen trägt. Er kommt 1752 zur Welt und soll 62 Jahre alt werden.

Auch der Johannes, der 1754 geboren wird, soll das neue Jahrhundert erleben.

Doch wie es scheint, habe ich noch nicht für alle meine Sünden gebüsst. Denn auch meine beiden letzten Kinder, geboren in den Jahren 1758 und 1760, die beide den Namen Josef erhalten, sterben im Jahr ihrer Geburt.

Der Josef folgt ihnen 1782 ins Grab.

Meinen dritten Ehemann, den Josef Eberle, der viele Jahre jünger ist, als ich, heirate ich im Erntemonat August. Ich weiß, dass er nur zur Hochzeit bereit ist, weil er die Felder haben will. Aber ich habe keine andere Wahl. Ich bin nun eine alte Frau, und vermag nicht mehr, alles zu bewirtschaften. Die wenigen Kinder, die mir geblieben sind, haben ihre eigenen Sorgen, und wollen  die Felder nicht bewirtschaften. Nach vielem Streit muss der Josef Eberle ihnen ihr Erbe auszahlen.

Ein halbes Jahr nach der Heirat, als meine Kinder eben ihr Erbteil erhalten haben, sterbe ich mit 73 Jahren.

Mein Leben war kein glückliches. Doch wenigstens habe ich noch dafür gesorgt, dass meine Kinder einen anständigen Teil von dem erhalten, was wir für sie erarbeitet haben.

 

Josef Quintz. Geboren 1722. Generation III. Wigh

 

Die Familie Quintz ist in Csolnok zahlreich vertreten. Als meine Eltern hier ankamen, gab es kaum etwas, das sich Dorf nennen konnte. Wenige Häuser, viele verlassen. Die Felder lagen brach, die früheren Bewohner geflohen oder an der Pest gestorben.

Eine Handvoll Geschwister zählte die Familie Quintz, aber mit dem festen Willen sich hier anzusiedeln und sich ein Auskommen zu schaffen.

Der erste Quintz, der in Csolnok zur Welt kommt, ist Johannes Georg, 1700. Es folgen Jakob und Caspar, 1707 geboren werde, sind wir schon fast eine Großfamilie. Innerhalb der nächsten 200 Jahre sollen mehr als 300 Seelen mit dem Namen Quintz geboren werden.

Viele sollten sterben, bevor ihr Leben recht begonnen hat. Aber genügend sollten bleiben, um unseren Stammbaum kräftig gedeihen zu lassen.

 

Die Maria Juliana Hambach ist mir wohl bekannt. Sie ist das Weib des Bernhard Schäfer. Der Bernhard ist ein Taugenichts, der nichts recht hinbekommt. Nicht einmal seine Kinder. Allesamt sterben, als sie kaum laufen können. Er kann sie kaum ernähren und ist so faul, dass er meist die Maria aufs Feld schickt, weil er wieder zu viel getrunken hat. Und dabei könnte man aus seinen Feldern schon einiges herausholen. Denn ausreichend Land haben die beiden schon. Aber sie bewirtschaften es mehr schlecht als recht.

Als der Bernhard dann vor lauter Dummheit und Suff unter die Ochsen kommt, ist keines seiner Kinder mehr am Leben. Und die Witwe, die Maria, vermag den Hof alleine nicht zu halten.

In meiner Familie bin ich der Zweitgeborene, das elterliche Haus und die Felder wird mein Bruder erben. Und sollte er nicht vor mir sterben, dann gehe ich leer aus. Fast. Denn immerhin muss er mich auszahlen. Das kommt mir gerade recht. Denn als der Bernhard Schäfer stirbt, kann ich die Maria davon überzeugen, dass ich mit ihr zusammen sicher besser wirtschaften kann, als es der Bernhard je getan hat.

Obwohl sie durch die vielen Schwangerschaften keine Schönheit mehr ist, so ist sie doch dafür bekannt fleißig zu sein, und ihr kleines Vermögen zusammenzuhalten – vorausgesetzt, es ist keiner da, der jeden Gulden ins Wirtshaus trägt.

Also gehen wir die Ehe ein. Zwar sieht es anfangs so aus, als ob auch keines unserer gemeinsamen Kinder am Leben bleiben soll. Aber dann ist uns das Glück hold und zwei unserer Söhne bleiben gesund und helfen bei der Arbeit, wo sie können.

So werden wir aus diesem armseligen Anwesen doch noch etwas aufbauen, das uns alle gut zu ernähren vermag.

Und mit Gottes Hilfe kommen wir zu bescheidenem Wohlstand. Die Felder sind ertragreich, das Vieh gedeiht, und auch mein Wein ist nicht der schlechteste und im ganzen Dorf beliebt.

Es geht uns Bauern nicht schlecht. Leider bleibt das den Herrschaften nicht verborgen. Von Jahr zu Jahr werden die Abgaben höher. Und die Tage, die wir Frondienst zu leisten haben werden immer mehr. Vor allem in der Erntezeit wird jede arbeitende Hand gebraucht. Da geht keiner gerne auf die Felder der Herren und lässt die eigene Ernte von Weib und Kindern einbringen.

Für uns alle wird die Last bald zu schwer.

Wir werden uns gegen die Frondienste und die drückenden Abgaben, die bei Strafe eingefordert werden, wehren müssen. ………………

               

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